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Texte und Historische Quellen

Palmarum und Ostern am Fredersdorfer Fließ

Der nachfolgende Text befindet sich im Original (auf vorher anderweitig beschriebenem, mehrfach genutzten Papier) in der Sammlung von Herrn Graf. Der schwer lesbare Text (handschriftlich, altdeutsch) wurde von Herrn Graf vorgelesen und von Andreas Lüders mitgeschnitten und anschließend aufgeschrieben. Die Lesung fand während einer vorweihnachtlichen Zusammenkunft des Heimatvereins zu Petershagen und Eggersdorf am 03.12.2001 in der Försterklause in Petershagen statt.

Gegen eine Spende zugunsten des Erhaltes des Büdnerhauses kann dieses interessante zeitgeschichtliche Dokument erworben werden:
Textversion per e-mail: 5,00 €
CD Mitschnitt der Lesung: 6,00 €
Textversion per Postversand: 6,00 €
CD und Text per Postversand: 10,00 €
Einen kleinen Vorgeschmack finden sie hier (Gesamtmitschnitt ca. 60 min)

Palmarum und Ostern am Fredersdorfer Fließ

Landschaftliche Vereinigung für die Mark Brandenburg den 28. März 1948

Osterwanderung
Petershagen, Vogelsdorf, Klein Schönebeck, Schöneiche
Führung Herr Otto Glodde, Abfahrt 09.05 Uhr vom Bahnhof Zoo, 09.15 Uhr Bahnhof Friedrichstraße nach Hoppegarten, mit Fahrkarte nach Petershagen. 

12.03.1948 Palmarum
 Palmarum galt der Vorwanderung für die zu Ostern angesetzte Wanderung der der landesgeschichtlichen Vereinigung. Immer wieder ergibt sich, das gerade die vorbereitenden Feststellungen so befriedigend sind und den Gesichtskreis erweitern. Man kommt mehr mit den Menschen der durchpilgerten Gebiete zusammen, als im Kreise der Wanderfreunde. Man kommt vor allen Dingen mehr mit Ihnen zu einer Aussprache, und damit zum Verstehen Ihrer Nöte und der Dorfereignisse. In dem nur aus zwei Wagen bestehenden Zuge nach Lüdersdorf überquerte ich das Fredersdorfer Fließ, das für die beabsichtigte Wanderung der rote Faden bleiben soll. Erstmals fuhr ich diese Strecke und stieg in ländlicher Gegend auf dem dörflich angelegten Bahnhof Petershagen aus. Ein Mitreisender zeigt mir einen besonders schönen Tafelbirnenbaum. Eine Ladeninschrift frappiert: Über Blumen im Schaufenster die Inschrift: „soll Wäsche sein“. Das komische Bild entstand zweifellos durch Abfall noch anhängender Wörter.

Auf dem Friedhof an der Kirche zeigt mir der zufällig aus der Kirche kommende Küster das Grab des Pfarrers Alexander Giertz, geschmückt mit einer Christusstatue. Besonders werde ich auch auf den am Gedenkstein angebrachten Maikäfer hingewiesen, denn Giertz hat bei den „Maikäfern“ gedient. Leider sind die beiden Bäume, die das Grab überschatteten, weggenommen worden. Auf der Rückseite des Steines die Worte: „Jesus Christus gestern und heute und der Selbe auch in Ewigkeit“, auf der Vorderseite „Alexander Giertz, Pfarrer 14.07.1860 gestorben 05.01.1910 und seine Ehefrau Johanna Flora geborene Koch“.

Die Besichtigung der Kirche ist nicht möglich, wegen Konfirmation überfüllt. In der Vorhalle der Kirche auf Holz die Gedenktafel für die Gefallenen des Weltkrieges. Inschrift über dem Zugang zum Kirchenraum: „Ehret die Helden“ Ferner rechts Abbildungen des Inneren der alten Kirche und des alten Pfarrhauses. Vor der Kirche einige Kutschen reicher Bauern, die auf das Ende der Konfirmation warten.

An der Straßenkreuzung Denkmal für die gefallenen des Weltkrieges unter einer Trauerweide aufgestellt. Eingemeißelter Stahlhelm mit Lorbeerblatt darunter keine Namensangaben sondern die schlichten Worte: 85 Väter, Söhne, Brüder aus Petershagen fielen im Weltkrieg 1914 bis 1918.

Kurz hernach das Fredersdorfer Fließ überschritten, jenseits des Baches schon Fredersdorfer Gebiet. Die Straße heißt hier daher auch Petershagener Straße. Gänse schnattern einer Frau nach.

Das Mittagsbier nahm ich im „Gasthaus Madel“ ein.

Der sehr interessierte Gastwirt erzählte mir, dass seine Familie 1740 aus Klobige bei Eberswalde hier her kam und der zuziehende den Posten eines Tagelöhners versah. Der Großvater wurde dann Gastwirt, sein Vater versah das gleiche Gewerbe und Madel ist jetzt im gleichen Hause in gleicher Eigenschaft tätig. Madel hat den Pfarrer Giertz gekannt: ein kleiner Mann von großem Arbeitseifer und gutem Gemüt. Der Fredersdorfer Pfarrer Hosemann sei ein glänzender Kanzelredner, doch wurde er leicht persönlich und war daher nicht besonders beliebt. Der Vater des Herrn Madel hat noch den Pfarrer Jobst gekannt. Der Predigtbezirk umfasste damals auch noch die Ortschaft Rehfelde.

Madel bestätigt mir, dass das Schloss zum Abbruch kommen soll, doch steht heute schon fest, dass mit den Feldsteinen kaum ein ordentliches Bauernhaus wird errichtet werden können.

Bezüglich der Ortschaft Petershagen empfiehlt mir Madel die Aufsuchung des einarmigen Malers Wojak. Seine Bilder wurden auf einer Petershagener Ausstellung gezeigt. Er soll auch die Schriften des Pfarrers Giertz verwahren.

Mit Dank scheide ich aus diesem wahrhaft gastlichen Gasthause

28.03.1948 Ostersonntag
Am 28.03.1948 nun die Osterfahrt. Züge sehr voll. Mit Herrn Reichwald und Herrn und Frau Sins schon auf Ostkreuz getroffen. Einige Freunde fuhren nach Petershagen, das Groß aber landete auf Bahnhof Fredersdorf. Herrlichstes Wetter, 31 Teilnehmer. Auf der Brücke über das Fredersdorfer Fließ halte ich folgende Begrüßungsansprache: „Liebe Wanderfreunde, an diesem so herrlichen Ostermorgen können wir bestimmt mit dem Sänger in das Lied einfallen: ‚Wer recht in Freunden wandern will, der geh der Sonn entgegen‘. Wir wollen daher am heutigen Tage diesem himmlischen Gestirn entgegenwandern.

Da wir es lieben, nach einem gewissen Faden zu pilgern, soll das Fredersdorfer Fließ zwischen Petershagen und Klein Schönebeck dabei unser ständiger Begleiter sein. Ostern verbindet sich für uns mit der Auferstehung in der Natur. Ostern verbindet sich für religiös gesinnte Menschen mit der Auferstehung aus Todesbanden. Daneben aber läuft Ostern für uns hin als das Fest vieler alter Sitten und Gebräuche. Gewiss ist der Gabentisch in diesem Jahr immer noch nicht so gedeckt wie wir es uns wünschen. Dafür aber wollen wir am heutigen Tage die kleinen österlichen Überraschungen ideeller Natur, die uns ein vorgesehener Plan und vielleicht auch noch der Zufall in den Schoß werfen werden, genießen. Lasst uns also aufbrechen unter dem besonderen Motto, dass ich Sie bitte, vollauf zu beherzigen: Ein Ostertag, wir haben Zeit, ein Wandern mit Besinnlichkeit.“